Album der Woche
Green Day mit „Saviors“
Nach der heftigen Kritik zum letzten Album „Father Of All Motherfuckers“ aus dem Jahr 2020 musste sich die Band Green Day mit ihrem neuen Album „Saviors“ buchstäblich selbst retten. Und das hat geklappt – jeder der 15 neuen Songs ist auf seine ganz eigene Art und Weise ein Highlight für sich. Von epischen Hymnen über ruhigere Rock-Balladen bis hin zum für die Band typischen Punkrock-Stil ist auf unserem Album der Woche für alle was dabei.
Green Day besteht aus Gitarrist und Sänger Billie Joe Armstrong, Bassist Mike Dirnt und Schlagzeuger Tré Cool. Außerdem sind auf Tour die Gitarristen Jason White und Kevin Preston sowie der Saxophonist und Perkussionist Jason Freese mit dabei. Die Band haben Armstrong und Dirnt unter dem Namen „Sweet Children“ im Jahr 1987 gegründet. Nach der Umbenennung in Green Day erschien 1990 das erste Album „39/Smooth“. Kurze Zeit später trat Drummer Tré Cool der Band bei.
Der erste große Erfolg für das Trio war das 1994 erschienene Album „Dookie“, welches dieses Jahr sein 30. Jubiläum feiert. Ein weiteres Jubiläum hat auch die Platte „American Idiot“ aus dem Jahr 2004. Zum 20- und 30-Jährigen werden beide Alben auf der kommenden „Saviors“-Tour in voller Länge durchgespielt. Im Juni ist Green Day in Deutschland. Sie spielen bei Rock Im Park und Rock Am Ring, außerdem in Berlin und in Hamburg.
Eine mysteriöse Webseite
Die Produktion von „Saviors“ hat bereits im Jahr 2021 begonnen. Gemeinsam mit Rob Cavallo, der seit „Dookie“ die meisten Alben der Band produziert hat, ist die Band nach London in die Rak Studios gereist. Dort wurde unter anderem das Album „American Idiot“ aufgenommen. Aufgrund der langen Produktionszeit gab es auch Leaks einiger Songs, wie „One Eyed Bastard“. Die Fans waren also gut informiert, dass bald neues Material auf sie zukommen würde und haben die Ankündigung der neuen Platte schon sehnsüchtig erwartet.
Im September 2023 ist schließlich die Webseite isgreendayawake.com auf den sozialen Medien der Band aufgetaucht. Die Adresse bezieht sich auf den Song „Wake Me Up When September Ends“ und deutet darauf hin, dass im Oktober die Ankündigung zu einem neuen Album kommen sollte.
Ende Oktober war es dann so weit und die erste Single „The American Dream Is Killing Me“ wurde veröffentlicht. Ursprünglich war das Lied gar nicht für das Album geplant. Während der Produktion von „Saviors“ hat sich Produzent Rob Cavallo einige von Armstrongs Demoaufnahmen angehört und das Potenzial in dem Song erkannt. Der Titel verrät es bereits: In dem Lied geht es um das Chaos und die Verwirrung, die aktuell in Amerika herrschen. „The American Dream Is Killing Me“ behandelt unter anderem Probleme wie Wohnungslosigkeit, Arbeitslosigkeit und Armut. Das Musikvideo zum Song stellt eine Zombieapokalypse dar, in der das ganze Chaos in den USA verbildlicht wird.
Persönliche Geschichten
Weitere Singles wie „Look Ma, No Brains“ und „Dilemma“ ließen nicht lange auf sich warten. Mit dem für Green Day typischen schnellen, aggressiven Punk-Rock arbeitet Armstrong in „Dilemma“ seine Alkohol- und Drogensucht auf. Das Lied fungiert als eine Art Selbstreflexion auf dem Weg, wieder nüchtern zu werden. Nach fünf Jahren, die der Sänger nüchtern war, wollte er wieder mit dem Trinken anfangen, was für ihn allerdings eine völlig andere Erfahrung bot.
„Ich dachte, dass ich wieder ein normaler Trinker werden könnte. Das war ich auch für eine kurze Zeit, dann ist es aber eskaliert und ich habe einen Punkt erreicht, an dem ich physisch und psychisch völlig ausgelaugt war.“
– Billie Joe Armstrong in einem Interview mit SiriusXM
Mittlerweile sind Armstrong und die Band wieder nüchtern unterwegs und können auch so noch Zehntausende Fans auf ihren ausverkauften Shows begeistern.
Eine große Inspiration für die Texte von Green Day sind, wie man sieht, Erfahrungen aus dem realen Leben. Die Inspiration zu „Bobby Sox“ war zunächst Armstrongs Beziehung zu seiner Frau. Ursprünglich wollte er ein Lied darüber schreiben, wie er mit ihr zusammen auf dem Sofa oder im Kino sitzt.
„Es war zuerst über unsere Beziehung aber dann habe ich das Skript ein bisschen umgeschrieben. Im zweiten Refrain singe ich ‚Do you wanna be my boyfriend‘ [anstatt ‚girlfriend‘]. Ich habe auf ‚Basket Case‘ auch schon mal die Geschlechter umgedreht, aber das hier hebt das Ganze nochmal auf ein anderes Niveau. Dadurch wird der Song zu einer Hymne auf das Queer-sein.“
– Billie Joe Armstrong über „Bobby Sox“
Neben dem klassischen Green Day-Punk-Rock-Sound sind auch ruhigere Balladen auf dem Album vertreten. Eines der persönlichen Lieder ist „Father To A Son“. Der Song erinnert stark an „Wake Me Up When September Ends“ aus dem Jahr 2004, das Sänger Armstrong für seinen früh verstorbenen Vater geschrieben hat. Das Thema von „Father To A Son“ ist recht ähnlich, nur handelt das Lied nicht von seinem Vater, sondern ist Armstrongs beiden Söhnen Joey und Jacob gewidmet.
Die chaotischen 20er
Doch auch die Verwirrung und das Chaos in der aktuellen Zeit behandelt die Band in vielen Liedern auf „Saviors“. Der Song „Living In The 20s“ behandelt in seinen energiegeladenen Riffs Schießereien, Killerhornissen und Sex mit Robotern. Auch „Strange Days Are Here To Stay“ und „Coma City“ machen auf das ganze aktuelle Chaos in der Welt aufmerksam.
Doch auch der Wahnsinn hat mal ein Ende. Im letzten Lied „Fancy Sauce“ blickt Green Day zurück auf die chaotischen Ereignisse, die sich durch das ganze Album ziehen. Armstrong findet, dass man so ein Chaos auch gelegentlich im echten Leben erlebt.
„Manchmal fühlt man sich wie ein Opfer, wie wenn man mit einer Zwangsjacke in einer Gummizelle eingesperrt ist.“
– Billie Joe Armstrong über „Fancy Sauce“
Die epische Rock-Hymne „Fancy Sauce“ schickt euch in ein Hotel namens Irrenhaus, in dem ihr eine Achterbahnfahrt durch verschiedene Höhen und Tiefen des Lebens unternehmt.
„Saviors“ ist wahrscheinlich das beste Comeback, das Green Day vier Jahre nach ihrem letzten Album machen konnte. Alle 15 Lieder sind absolut hörenswert und bieten einen Einblick in die Vielseitigkeit des Trios.
Unsere weiteren Alben der Woche findet ihr hier.
Autor: Silas Urban