Album der Woche
Cold Years mit „A Different Life“
Cold Years wollen einmal auf den ganz großen Bühnen stehen. Gestartet haben sie jedoch ganz klein als Liveband im Hafenstädtchen Aberdeen in Schottland. Ihr Debüt feierten Cold Years aber in einer schwierigen Zeit: 2020, inmitten der Corona Pandemie. Die Tournee zum Debütalbum „Paradise“ wurde abgesagt und die Musik-Karriere stand vor dem Aus. Cold Years powerten jedoch durch und veröffentlichten ihre dritte Platte „A Different Life“- das max neo Album der Woche.
DER PUNKROCK HAT DAS LETZTE WORT
Charakteristisch für Cold Years Musik sind die fast schon unverschämt einprägenden Refrains. Ross Gordens Gesang kreiert das Gefühl echter Rockhymnen. Zusätzlich mit ansteckendem Chorgesang und einfachen „uh-oh“-Lyrics schaffen Cold Years auf dem Album echtes Ohrwurmpotential.
„Ich möchte Musik schreiben, an die die Menschen sich erinnern, wenn sie abwaschen, mit ihrem Hund Gassi gehen oder in einer Kneipe sitzen. Alle Bands, die ich liebe, konnten solche ansteckenden Melodien schreiben, und mit diesem Album haben wir dasselbe versucht.“
– Ross Gorden im Interview mit dem Rolling Stone Magazine
Ganz eindeutig klingt hier der Verweis auf Green Day durch. „Roll with it“ und „Over“ könnten aus dem Repertoire der Rockhelden stammen. Ersterer wurde mittlerweile schon über 100.000 Mal auf Spotify gestreamt. Wenn es so weitergeht, kann die Band schon bald ähnliche Luft schnuppern wie ihre großen Ikonen. Aber die Band tastet sich auf „A Different Life“ auch an andere Genres ran: 80s-Pop, klassische Balladen oder Doo Wop. Trotzdem schleichen sich immer wieder Rise Against-typische Screams und vorantreibende Gitarrenriffs in Cold Years Sound ein. Der Punkrock hat eben das letzte Wort.
SCHOTTISCHER URSPRUNG
Anders als der Sound es vermuten lässt, schallen die Gitarrenklänge von Cold Years nicht aus einer Garage in Californien, sondern aus einem kleinem Hafenstädchen in Schottland – Aberdeen. Hier hat alles angefangen. Frontmann Ross Gorden beschließt nach einem wilden Pub-Abend, dass er und seine drei Freunde, Finlay Urquhart (Gitarre), Louis Craighead (Bass) und Fraser Allen (Schlagzeug), nun eine Band gründen. Viel Mitspracherecht hatten die anderen drei da nicht.
Der Song „Other Side“ befördert die Zuhörer*innen förmlich zurück in die Zeit, als Cold Years sich noch als bloße Live-Band durchgeschlagen hat. Es ist der einzige Song auf dem Album, der den typisch folkigen Sound aus Großbritannien repräsentiert. Sobald die ersten Klänge der akustischen Gitarre zu hören sind, kann man den nach Rauch und Bier riechenden Pub in Aberdeen riechen, in dem alles angefangen hat.
DAS HARTE ROCKSTAR-LEBEN
Tatsächlich wollen sie aber raus aus der Kleinstadt und rein in den Rockstar-Heaven.
„Aberdeen ist kein Paradies. Es ist hässlich, es ist grau und es ist kalt die ganze Zeit. Wir alle leben und arbeiten hier, und es ist echt nicht sehr fröhlich.“
– Ross Gorden im Interview mit Kerrang
Arbeiten müssen die Vier tatsächlich noch – und zwar in ganz normalen Nine-to-five-Jobs. Diese spricht Gorden in „Choke“ sogar an („9 to 5 just feels wasted“). Noch ist die Band nämlich nicht in der Lage, Musik hauptberuflich zu machen. Große Plattenfirmen nehmen nur noch selten Punk-Bands unter Vertrag. Es gilt, Arbeitszeiten mit Konzertdaten und Privatleben zu schaukeln. Ross Gordens Privatleben hat besonders unter der Corona-Pandemie sehr gelitten. Die erzwungene Isolation löste bei ihm Angststörungen und Insomnia aus.
Nun stellt er sich seinem Trauma. Er verarbeitet seine Erfahrungen in den Lyrics von „A Different Life“. In „Radio“ erinnert sich der Sänger zum Beispiel an all die verschwendete Zeit seiner Jugend. Sei es mit langen Arbeitszeiten, toxischen Beziehungen oder Selbsthass. Er hätte doch viel lieber Musik gemacht, wie die Großen, die er immer im Radio hört.
Im Radio könnt ihr Cold Years bei uns auf max neo in jedem Fall genießen. Falls ihr die Jungs aber mal live und in Farbe erleben wollt, spielen sie am 30. September im Backstage Club in München.
Unsere weiteren Alben der Woche findet ihr hier.
Autorin: Clara Ahrens