Lillet Lube
Drag – mehr als nur eine Rolle
Olivia Jones ist wohl die bekannteste Dragqueen Deutschlands. Mit „Queen of Drags“ gab es im November 2019 zum ersten Mal eine Castingshow in der Bundesrepublik, die die beste Draqueen gesucht hat. Heutzutage haben fast alle schon mal von Dragqueens gehört. Doch was macht diese Faszination „Drag“ aus?
„Für mich war Make-up nie genderbezogen“, sagt Lukas B. „Ich habe mich auch schon vorher als Mann geschminkt. Da habe ich nie ein Problem drin gesehen. Da ging es auch schon ein bisschen in Richtung Drag Culture. Weil ich auch schon in der queeren Szene unterwegs war, hat man dann ein bisschen mehr Berührungspunkte als andere Menschen. Der Schlüsselmoment war dann am Christopher-Street-Day in Nürnberg, wo ich eine Dragqueen kennengelernt habe. Und da habe ich mir gedacht: ‚Probieren wir es einfach mal aus!‘ Und seitdem bin ich dabei.“
2018 verwandelt sich Lukas B. das erste Mal in die Dragqueen Lillet Lube. Der Name setzt sich zum einen aus seinem Vor- und Nachnamen zusammen und zum anderen bezieht er sich auf das Getränk „Lillet“. Als der heute 21-Jährige damals mit Drag begonnen hat, gab es keine anderen Dragqueens in Würzburg. Heute kann er stolz verkünden, dass er die Dragszene dort mit aufgebaut hat und es inzwischen fünf oder sechs Leute in seiner Heimat gibt, die regelmäßig als Drag Artists unterwegs sind.
Mehr als nur eine Rolle
Als Dragqueen bezeichnet man einen Mann, der sich als Frau schminkt und verkleidet, das heißt, er trägt Perücke, Damenkleidung und hohe Schuhe. Wenn eine Frau sich als Mann verkleidet, dann ist das ein Drag King. Man kann beide Kunstformen auch als Drag Artists zusammenfassen. Im Gegensatz zur Travestie hat man als Drag Artist nur eine Figur. Als Travestiekünstler*in schlüpft man in unterschiedliche Rollen und steht dabei auf der Bühne – vergleichbar mit Theaterspielen.
Für Lukas B. ist Lillet Lube aber mehr als nur eine Rolle: „Ich denke, das ist für jeden unterschiedlich, aber oft ist es für viele ein Teil der Persönlichkeit, die man nach außen bringt. Man kann sich künstlerisch einfach ausleben. Also ich schlüpfe da nicht in eine andere Rolle rein, nur weil ich jetzt ein Drag bin. Aber man merkt schon, dass man auf jeden Fall auch offener auf andere Leute zugeht, und man darf auch ein bisschen frecher sein im Drag. Da kann man sich schon ein bisschen mehr erlauben als out of drag.“
Gemeinsam Drag machen
Vor der Coronapandemie war Lukas B. zweimal im Monat als Lillet Lube unterwegs. Oft war er gemeinsam mit Freund*innen zum Feiern auf queeren Parties oder auf dem Christopher-Street-Day. Doch als Dragqueen kann man auch bei Wettbewerben mitmachen, bei denen es um die beste Performance geht, zum Beispiel bei „lipsync“. Das heißt, man performt auf der Bühne und bewegt die Lippen zu einem Song oder singt sogar selbst, wenn man es kann. Lillet Lube hat auch schon Preise für die beste Performance abgeräumt.
Für sein Hobby geht zum einen viel Zeit für die Verwandlung drauf, denn es kann schon mal zwei bis drei Stunden dauern, bis sein Look fertig ist. Zum anderen sind Make-up, Perücken, Klamotten und Schuhe nicht gerade günstig. Eine richtig gute Perücke kostet mindestens 100 Euro. „Drag ist für mich in erster Linie eine Kunstform, wo ich mich kreativ ausleben kann“, erklärt Lukas B.. „Es hat auch viel mit Freundschaft und Family zu tun – so die ‚chosen family‘. Es bedeutet für mich aber auch, dass man mit anderen Freund*innen zusammen Drag machen kann. Ich habe noch viele andere Dragkünstler*innen hier in Würzburg, mit denen ich auch früher feiern gewesen bin und man hat sich da vorher getroffen, zusammen fertig gemacht und ist dann zusammen feiern gegangen.“
Negative Reaktionen auf Lillet Lube hat es bisher nicht gegeben. Im Gegenteil, viele Menschen sind interessiert und wollen sogar Fotos mit ihr machen. Aufgrund der Coronapandemie geht Lukas B. momentan nicht als Lillet Lube raus, was ihm sehr fehlt. Ab und zu schminkt er zuhause einen Look und fotografiert den dann, um es als Bild auf Instagram hochzuladen. Mehr geht momentan leider nicht. Der 21-Jährige hofft, dass die Clubs die Pandemie überleben und er bald wieder auf queere Partys gehen kann.