Celine Pickel steht mit dem Rücken zur Kamera und hält eine norwegische Flagge in den Händen. Sie steht auf einem Berg, im Hintergrund sind ein Fjord und Berge zu sehen.

Erfahrungsbericht

Ein Semester in Norwegen

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Ein Auslandssemester in Norwegen – hört man eher selten, denn die meisten Student*innen treibt es für ihr Auslandssemester dann noch in Richtung USA, Australien oder südländische Staaten, in denen es etwas wärmer ist.

Ich habe mich für Norwegen entschieden, dazu auch noch fürs Wintersemester und das, obwohl ich die totale Frostbeule bin. Natürlich hätte ich auch in eines der anderen Länder zum Studieren gehen können, das Erasmus+-Programm und die Studiensprache Englisch haben mir die Entscheidung leichter gemacht. Ich wollte eine Ecke der Welt sehen, die für mich ganz neu war. Und sich einfach einer neuen Herausforderung annehmen.

Vorbereitungen zum Studium

Mitte August saß ich dann im Flieger nach Oslo. Es war schon gar nicht so einfach zu packen. Warme Kleidung ist schwer und sperrig, im Wohnheim war außer Bettzeug und Möbel keine Einrichtung, geschweige denn Kochutensilien, vorhanden. Ich musste Prioritäten setzen und leider in vielen Punkten in den sauren Apfel beißen und Dinge wie Töpfe und Pfannen relativ teuer in Norwegen kaufen.

Auf die Preise in Skandinavien habe ich mich eingestellt, im Vergleich zu den deutschen Preisen ist das an der Kasse trotzdem ein ganz schöner Schock. Eine Hilfe war die Erasmus+- Förderung, die die monatliche Miete im Wohnheim abgedeckt hat, und ich musste mir um eine Ausgabenquelle weniger Sorgen machen. Wenn es für euer Auslandssemester Fördermöglichkeiten oder Stipendien gibt, versucht sie auch, so gut es geht, zu nutzen.

Norwegen als Land

Viele wollen aber vermutlich weniger über mein schweres Studentenleben lesen, deshalb komme ich nun zur Sache und erzähle euch lieber was über Norwegen selbst.

Studiert habe ich im für deutsche Verhältnisse kleinen Lillehammer. Bei einigen klingelt es vielleicht, dort wurden 1994 die Olympischen Winterspiele ausgerichtet und bis heute sind die Skisprung- und Biathlonanlagen Teil von Weltcup-Wettkämpfen.

Ein übersichtliches Städtchen, man erreicht vieles zu Fuß oder mit dem Bus. Als ich ankam, war der Sommer noch voll im Gange, Felder waren bestellt, alles hat geblüht und war saftig grün. Persönlich würde ich mich zwar als sportlich beschreiben, eine Wandermaus war ich aber auch nicht gerade. Das hat sich nach in Norwegen aber schnell geändert. Wandern gehört da einfach dazu und das sollte jede*r einmal ausprobieren. Ich habe klein angefangen und bin in der Umgebung kleine Berge raufgestiefelt. Für den Balberkampen habe ich im Sommer eine knappe Stunde gebraucht, im Winter dann fast zwei. Eis bremst einen aus, wenn man keine Spikes an den Füßen hat. Ich war oben immer komplett fertig und habe mich zwischendurch gefragt, warum ich mir diese körperliche Betätigung eigentlich antue, der Ausblick rechtfertigt aber sehr viel. Im Vergleich brauchen die meisten Norweger*innen, deren tägliche Joggingroute auch Berge hinaufführt, knapp 20 Minuten für die gleiche Strecke.

Von kleinen zu großen Bergen

Direkt zur Einführung in unser Semester organisierte unsere Gastuniversität eine große Wanderung über den Besseggen. Das sind 15 Kilometer, 1743 Höhenmeter und knapp acht bis neun Stunden. Erfahrungshalber wollte ich mir das nicht entgehen lassen. Wir hatten das schönste Wetter, da wir aber für alle Eventualitäten vorbereitet sein sollten, war ich unterwegs wie ein Packesel.

Ich habe zwischendurch geflucht, mir Blasen gelaufen, viel geschwitzt, aber auch mindestens genauso viel gelacht. Gemeinsam mit den anderen Austauschstudent*innen habe ich zumindesten nicht allein gelitten. Das Gefühl von Stolz, sowas mal gemacht und auch geschafft zu haben, ist nicht zu vergessen.

Und wie schon gesagt: Der Ausblick rechtfertigt alles.

Die Landschaft in Norwegen mit den vielen Fjorden und Bergen ist was ganz Besonderes. Ich bin froh, dass ich in diesem einen Semester auch beide Seiten der Natur mitbekommen konnte. Sommer und Winter in Norwegen sind sehr unterschiedliche, aber auf gleiche Weise magische Zeiten.

Im Laufe des Semesters war ich mit anderen Student*innen in der Wildnis campen, auf dem Soja Fluss raften, Berge besichtigen und vieles mehr.

Fantastische Polarlichter und wo sie zu finden sind

Polar-, Nordlichter oder Aurora Borealis konnte ich auch sehen. Im Oktober gab es schon einmal die Chance für mich, welche in Lillehammer zu sehen, das ist eher untypisch, deshalb habe ich sie auch direkt verschlafen und mich „grün“ geärgert. Im November habe ich direkt zum Start der Polarnacht ein paar Tage in Tromsø verbracht und um sicher zu gehen, auch keine Lichter zu verpassen, habe ich eine geführte Tour gebucht.

Kann ich nur empfehlen, es war magisch!

Ende September bis Ende März ist die beste Zeit dazu. Eine gute Kamera empfiehlt sich, aber die meisten Guides machen auch wunderschöne Fotos von euch und Lady Aurora.

Winter und Sport

Richtig kalt wurde es im November auch schon langsam. Bis zu -22 Grad habe ich persönlich erlebt. Das kann im Januar und Februar sogar noch weniger werden. Man gewöhnt sich allerdings schneller als erwartet und die Jacken, die es in Norwegen gibt, sind nochmal anders warm.

Sport ist in Norwegen ein großer Teil der Freizeit und des täglichen Lebens. Langlauf ist sehr beliebt, egal ob zum Zusehen am Streckenrand oder selbst in der Loipe. Biathlon, Nordische Kombination und Skispringen folgen aber dicht.

Ich hatte in meinem Semester die Möglichkeit, bei verschiedenen internationalen sportlichen Events wie der Curling-Meisterschaft und dem Weltcup in Nordischer Kombination, Frauenskisprung und Langlauf als Ehrenamtliche mit helfen zu können. Es waren lange Arbeitstage, aber auf jeden Fall eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Man sieht Sportereignisse sofort in einem anderen Licht, denn es hängt so viel mehr Arbeit und Organisation im Hintergrund mit dran, als man bei der Fernsehübertragung mitbekommt.

Beim World Cup Lillehammer 2021

Es war eine großartige Erfahrung. Norwegen ist ein wunderschönes Land und ich werde mich immer wieder gerne an die Zeit daran zurückerinnern. Wenn ihr die Möglichkeit habt, ein Auslandssemester zu machen oder auch nur einen Urlaub, dann ist Norwegen auf jeden Fall ein Ziel, das sich rentiert.

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Alle Fotos: privat

Autorin: Celine Pickel