Das Albumcover "Will Of The People" von Muse zeigt drei Kopf-Statuen, di im Sand liegen. Dazwischen liegen Menschen.

Album der Woche

Muse mit „Will Of The People“

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Ein ganzes Album über die eigene Vergangenheit und gleichzeitig eine Bestandsaufnahme des Weltgeschehens – das liefert die britische Rockband Muse mit ihrem neuen Album „Will Of The People“. Während sie musikalisch auf 25 Jahre Bandgeschichte zurückblicken, kommentieren sie ohne Scheu die meistdiskutierten Themen unserer Zeit. Den ein oder andere Augenzwinker-Moment lassen sie sich dabei auch nicht nehmen.

Nach 30 Jahren im Musikgeschäft fangen viele Bands langsam an, die ersten Best-Of-Alben zu veröffentlichen. Muse haben einen kreativen Weg gefunden, ihr ganz eigenes Best-Of-Album zu gestalten und kommen dabei ganz ohne eine Zusammenstellung ihrer bisherigen Hits aus. Stattdessen haben sie zehn neue Songs geschrieben.

Ihr neues Album ist gleichzeitig Parodie und Hommage von Muse an Muse. Und im Zentrum stehen nicht mal sie selbst. „Will Of The People“ ist der Titel des Albums, welcher aus allen Songtexten herauszuhören ist. Es geht um Revolution und Aufbegehren im Angesicht der aktuellen Weltgeschehnisse – von Pandemie bis Klimawandel. Einige Songs handeln aber auch davon, dass man trotz allem nicht vergessen darf, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen.

Muse bieten uns keinen melancholisch-verklärenden Blick in die Vergangenheit. Mit „Will Of The People“ präsentieren sie einen Rückblick auf ihren musikalischen Weg und singen dabei von so vielen aktuellen Themen wie kein anderes Album in letzter Zeit. Und das alles, ohne sich selbst zu ernst zu nehmen.

Bandgeschichte und Gesellschaftskritik

„Will Of The People“ ist vollgepackt mit Anspielungen und Rückblicken auf ihre Geschichte als Band. Die Hook von „Kill Or Be Killed“ ist schonmal eine Hommage an einen ihrer älteren Songs. „Fate is driving me insane“ singen sie hier im Refrain. Das erinnert stark an „Glorious“ vom Album „Black Holes And Revelations“ mit der Hook „Faith is driving me away“. Ihre Hinwendung zum Vergangenen beschränkt sich allerdings auf die musikalische und stilistische Ebene. Inhaltlich wagt Muse ein großes Stück Gesellschaftskritik.

In „Compliance“ – auf Deutsch „Zustimmung“ oder „Fügsamkeit“ – erzählen sie von Menschen, die sich autoritären Regeln und besänftigenden Unwahrheiten fügen, um als Teil einer Gruppe akzeptiert zu werden. Das erklärt der Leadsänger Matthew Bellamy. Der Song „Won’t Stand Down“ und das dazugehörige Video erzählen von der Stärke, die es braucht, um sich gegen eine*n Unterdrücker*in aufzulehnen. Als Szenario denkbar ist dabei sowohl eine dystopische Unterdrückungsvision als auch Mobbing auf dem Schulhof.

Der Titelsong des Albums „Will Of The People“ handelt von Gesellschaftsdynamiken und vor allem von Revolution. Im Zentrum dabei steht: the will of the people. Oder – wie eine Zeile der Bridge gewitzt verlauten lässt: the will of the sheeple. Ein Wortspiel aus sheep und people, das auf Menschen anspielt, die anderen hinterherlaufen und alles glauben, was sie hören. Hier haben wir also ein weiteres Paradebeispiel dafür, wie beiläufig sie Witze und Anspielungen in ihren Songs verpacken, die man nur bei genauem Hinhören erkennt.

Ein paar ruhige Minuten

Einige Überraschungen birgt das Album auch. In der Mitte des Albums platziert, wo es die düsteren Themen und härteren Sounds durchbricht, ist „Ghosts (How Can I Move On)“ zu hören. Matthew Bellamy und seine Band nehmen sich einige ruhige Minuten ihres Albums, um mit einer traurigen, aber gefühlvollen Ballade ein wichtiges Thema anzusprechen. Voller Emotion singen sie davon, wie es sich anfühlt, wenn man in den Jahren der Pandemie jemanden verloren hat.

Über die tatsächliche Qualität der einzelnen Songs kann man sicherlich streiten, aber eines muss man Muse bei ihrem neuen Album eindeutig zugutehalten: Sie haben gemacht, worauf sie Lust hatten, und sie sind sich vollständig dessen bewusst, wie absurd und schön ihr Einfall war. Wenn das ganze Album bitterernst gemeint wäre, wäre das vermutlich katastrophal schiefgegangen. Aber Muse lässt einen Schmunzler den nächsten jagen und rettet so das Album. Sie wissen, dass alles irgendwie ein bisschen drüber ist und setzen noch einen drauf.

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Autor*in: Rahel Behnisch