18 Jahre Nürnbergs Oberbürgermeister
Ulrich Maly geht in den Ruhestand
18 Jahre lang war Ulrich Maly Oberbürgermeister von Nürnberg. Am 30. April 2020 war dann sein letzter Amtstag. Das nehmen wir als Anlass, auf das Leben und die Amtszeit des beliebtesten Oberbürgermeisters von Deutschland zurückzublicken.
Ulrich Maly wird am 8. August 1960 in Nürnberg geboren. Schon seine Eltern haben sich bei der sozialistischen Jugend Deutschlands kennengelernt, den Falken. Auch Maly tritt den Falken im Alter von sieben Jahren bei und lernt dort seine spätere Frau Petra kennen. Politik hat bei der Familie Maly schon immer eine Rolle gespielt: „Bei uns zuhause lief der Rundfunk immer mit Textbeiträgen“, erzählt Ulrich Maly. „Es wurden damals noch Bundestagsreden stundenlang übertragen, die wir als Kinder und Jugendliche mitgehört haben. Wir haben mit unserem Vater insbesondere viel über Politik diskutiert.“
Mit 23 Jahren ist Maly erst der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) beigetreten. Er beginnt, sich politisch zu engagieren, als Helmut Kohl Helmut Schmidt als Bundeskanzler ablöst, weil er mit der Politik von Schmidt unzufrieden war. Insbesondere mit dem Aufstellen der Mittelstreckenraketen in Deutschland und der Atomenergie war er nicht einverstanden.
Vom Kreisjugendringvorsitzenden zum Oberbürgermeister
Maly wird erst Kreisjugendringvorsitzender der Stadt Nürnberg, dann macht er 1990 seinen Doktor in der Volkswirtschaftslehre und wird Fraktionsvorsitzender der SPD. Der nächste Schritt seiner politischen Karriere ist 1996 der Job als Stadtkämmerer. In einer Stichwahl setzt er sich 2002 gegen den amtierenden Oberbürgermeister Ludwig Scholz von der CSU durch.
Während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister hat sich die Arbeitslosenquote mehr als halbiert und die Versorgung der Kinderkrippen hat sich sogar verzwanzigfacht. Darüber freut sich Maly sehr, aber stolz ist er vor allem auf die kleinen Dinge: „Das kann ein kleiner Kindergarten oder ein neuer Kulturladen sein. Aber auch das schöne, neue Schauspielhaus, finde ich wirklich schön, das ist wirklich gut gelungen.“ Der 59-Jährige freut sich auch über das Langwasserbad, weil er sieht, dass sich die Sportler und die Kinder freuen, die dort schwimmen lernen. Doch das Wichtigste ist für Maly eigentlich das Lebensgefühl: „Wenn man jetzt hört, dass die Migrantenorganisationen sagen, ‚Wir fühlen uns in Nürnberg eigentlich sicher, weil der gesellschaftliche Zusammenhalt da ist‘, dann ist das vielleicht das Allerwichtigste neben all den Dingen, die aus Stein gebaut sind.“
Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen
Als Oberbürgermeister hat Ulrich Maly Luxus genießen können: Das Vorzimmer hat zum Beispiel die Zahnarzttermine ausgemacht und ein eigener Fahrer hat ihn zu seinen Zielen gebracht. Ihm hat der Job aber vor allem wegen der Abwechslung Spaß gemacht: „Dass man die Gelegenheit hat, ganz viele interessante Menschen kennenzulernen – von der Bundeskanzlerin zum Dalai Lama. Es ist ein schöner Beruf. Er ist anstrengend, aber trotzdem wunderbar.“
Trotz der schönen Seiten gab es natürlich auch negative Ereignisse.
Vor allem schlimme Individualschicksale, die Flüchtlingskinder und auch die Kinderarmut in Nürnberg haben Maly beschäftigt. Auch nach seiner Amtszeit gibt es immer noch eine Kinderarmut in Nürnberg, aber er muss seinem Nachfolger Marcus König noch mehr „Baustellen“ hinterlassen: „Wenn du ins Amt kommst, ist ein Korb ungebügelter Wäsche da. Und wenn du gehst, hinterlässt du einen genauso großen Korb. Ich bügele auch nicht schneller als andere, um in dem Bild zu bleiben.“
Als Beispiele nennt der Franke den Frankenschnellweg, den Bedarf an sechs neuen Schulen und den Wohnungsbau. „Man macht einen Fehler, wenn man glaubt, dass man in 18 Jahren eine Ära abschließen kann. Das kann man nicht“, erklärt Maly. „Das Bild mit der Bügelwäsche ist gar nicht falsch, weil es immer weiter geht. Ich habe viele Etappen geschafft und viele Stücke gebügelt, aber ich hinterlasse auch genauso viele Baustellen. Das ist ganz normal am Ende dieser Lebensabschnittspartnerschaft zwischen der Stadt Nürnberg und mir.“
Wünsche für Nürnberg
Ulrich Maly ist zwar nicht mehr Chef im Rathaus, aber er ist weiterhin ein Einwohner von Nürnberg. Für seine Heimatstadt wünscht er sich, dass die Lebensqualität bleibt und besser wird. „Ich wünsche mir, dass man die aktuellen Baustellen – wie die Stadtentwicklung, die wachsende Stadt, den Wohnungsbau und den Verkehr – in den Griff bekommt“, sagt Maly. „Ich hoffe, dass die Stadt nie geschichtsvergessen wird, weil das ist auch ein Stück, wo wir mit unserer vorbildlichen Erinnerungskultur für ganz Deutschland einen Beitrag geleistet haben.“
Ohne seine Amt als Oberbürgermeister hat er auch – bis auf das Ehrenamt beim 1. FC Nürnberg – keine Ehrenämter mehr. Der 59-Jährige überlegt aber, in Zukunft Ehrenämter zu übernehmen. Doch in erster Linie möchte er erst mal selbstbestimmter leben, denn als Oberbürgermeister hat er eine „Rundumversorgung“ genossen. „Ich möchte mehr Zeit für kulturelle Veranstaltungen haben“, erklärt Maly seine Pläne für die Zukunft. „Ich gehe oft zu Vernissagen und halte ein Grußwort, aber ich komme nicht dazu, mir ein Bild anzugucken, weil ich dann schon wieder weiter muss.“
Maly freut sich auch auf die Ruhe und Entspannung in seinem Ruhestand: „Ich möchte an einem schönen Frühlingstag in einem Straßencafe sitzen. Da sitzen jetzt immer die anderen und künftig werde ich da auch einfach einen Platz besetzen. Ich habe jetzt nicht ein festes Programm von Weltreisen, das ich abarbeiten muss, sondern ich will ganz bewusst jetzt erst mal wieder das nicht fremdbestimmte Leben kennenlernen.“
Standing Ovations für Ulrich Maly
Am 11. Mai fand die erste Sitzung des neuen Stadtrats statt. Dabei vereidigte die dienstälteste Stadtrat Kilian Sendner Marcus König von der CSU als neuen Oberbürgermeister von Nürnberg. In seiner Antrittsrede dankte König Maly für seinen Einsatz für die Stadt und ließ nochmal die Amtszeit Revue passieren. Maly hat von König ein großes Foto vom Nürnberger Rathaus überreicht bekommen und ist mit Standing Ovations vom Stadtrat verabschiedet worden. In seinem Grußwort erzählte Maly, dass er am Mittag erst einmal ein Glas kühlen Weißwein auf seiner Terrasse trinken wird.
Hier gibt es den Radiobeitrag nochmal zum Nachhören in unserem Podcast. In einer weiteren Podcastfolge könnt ihr das komplette Interview anhören.